Eine Durchlaufprobe mit Charlotte Mathiessen & Sarah Calörtscher
26.01.2022
Wie kam die Idee für euer Stück Der Boden ist verhältnismässig hart?
Charlotte:
Mich treibt die Klimakrise sehr um, und ich habe mir überlegt, dass ich
eigentlich kein Stück mehr machen kann, das dies nicht thematisiert.
Darüberhinaus begann ich mich dafür zu interessieren, wie sich unsere
Körper immernoch bequem fläzen, während etwas so grosses und
destruktives wie die Klimakrise im Gang ist. Für mich besteht eine
Spannung zwischen dem Weltgeschehen und dem körperlichen Verhalten der
Menschen – wir sind nicht ready und wach genug mit dieser Krise
umzugehen, sondern flüchten uns in Bequemlichkeiten. Das war der
Ausgangspunkt für dieses Stück, wobei es mir überhaupt nicht darum geht
Moralapostel zu sein und zu sagen, was richtig oder falsch ist. Mich
interessiert es mehr, die Vernetztheit und die Zusammenhänge der Welt
aufzuzeigen.
Wie setzt ihr das alles tänzerisch und musikalisch um?
Charlotte:
Meist habe ich beim Entwickeln der Ideen für ein Tanzstück bereits
konkrete Bilder im Kopf. Hier waren es Bilder zu Bequem und Unbequem,
beispielsweise ein Körper, der sich über die Bühne schleppt. Ich
versuche dann, das Bild tänzerisch umzusetzen bis es so aussieht, wie
ich es mir ausgedacht habe. Zuerst begann ich, mit Geräuschen zu
arbeiten, die ich selbst von mir gebe und dann kam Sarah mit ihrer Musik
dazu. Wir versuchen verschiedene Variationen und so entsteht dann
puzzlemässig Szene für Szene.
Sarah: Für mich ist es ebenfalls eine
Mischung von Intuition und Reflexion. Ich wollte schon lange ein Projekt
mit meiner Zither machen und versuche sie nun klanglich ins Stück
einzubringen. Wir haben uns auch überlegt, wie wir das Thema durch Musik
ausdrücken können – auch in Bezug auf unseren Standort Schweiz.
Wie gestaltet ihr eure Proben? Wie geht ihr mit dem kurzen Zeitraum um?
Sarah:
Bereits vor Weihnachten haben wir uns für ein erstes Gespräch getroffen
und zusammen geprobt. Wir hatten beide bereits konkrete Ideen für das
Stück und konnten damals schon beginnen, weshalb wir unsere Zeit jetzt
gut nutzen können, um intensiv zu proben.
Charlotte: Für mich ist es
luxuriös so viel Zeit und Raum für die Proben zu haben. Da ich schon
einige Projekte gemacht habe, wusste ich bereits, was ich in die erste
Probe mitbringen muss, damit der Zeitplan aufgeht. Die Ideen hatte ich
bereits vor Probenbeginn gesammelt und zusammengestellt, weshalb wir
jetzt genug Zeit haben, um sie tänzerisch und musikalisch umzusetzen und
auszuprobieren, was am besten funktioniert.
Wie ist SHOW-OFF im Vergleich zu vorherigen Projekten?
Charlotte: Für mich ist es ziemlich ähnlich. Der einzige Unterschied ist, dass ich bei SHOW-OFF das erste Mal mit einer Person zusammenarbeite, mit der ich vorher noch kein Projekt realisierte. Ich machte bereits die New Adventures Residency von Dansmakers und ICK
Amsterdam und präsentierte dort nach einem Monat Probezeit ein Stück, jedoch immer innerhalb einer Gruppe, die ich bereits vor dem Projekt kannte.
Sarah: Für mich ist es neu als Musikerin mit einer Tänzerin auf der Bühne zu stehen, aber die Art und Weise der Proben ist sehr ähnlich wie bei vorgängigen Projekten meinerseits.
Was bedeutet SHOW-OFF für euch?
Charlotte: Für
mich ist es genau das richtige Gefäss. Es bietet mir einen sicheren
Rahmen, um etwas zu kreieren. Persönlich habe ich das Gefühl, dass es um
den Prozess geht, etwas zu entwickeln. Klar ist es schön, wenn
schlussendlich ein tolles Kurzstück entsteht, aber ich spüre keinen
Druck, etwas grossartiges kreieren zu müssen. Ich sehe es als Chance,
Dinge auszuprobieren, die ich bis jetzt noch nicht probiert habe.
Sarah:
Für mich ist es toll, bereits von Beginn an die Infrastruktur sowie
technische und dramaturgische Unterstützung zu bekommen. Die
Feedback-Möglichkeiten finde ich super. Ich sehe es ähnlich wie
Charlotte – als Gefäss um Dinge auszuprobieren ohne einen grossen Druck
zu verspüren, was entspanntes Arbeiten erlaubt.